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Engagement (-Vermittlung) mit Sicherheit - online und persönlich auf www.engagiertemenschen.de

Die Kleine Markthalle in der Altstadt von Stendal ist verwaist im Frühjahr 2020. Kein Markthallenfrühstück, keine Handyschulung, keine Gruppentreffen, keine Kulturveranstaltungen, kein Tango-Klub. Nur im Büro der Freiwilligen-Agentur Altmark, der Trägerin dieses sonst so lebendigen Bürger:innenzentrums, geht noch immer das Licht an. Was kommt nun auf die Menschen hier zu? Was brauchen sie jetzt? Klar ist: Auch in der Altmark leben Risikogruppen, die ihre persönlichen Kontakte im Ernstfall auf ein Minimum reduzieren müssen. Und es gibt Menschen, die bereit sind, zu helfen. Wie finden beide Seiten zueinander?

Diese Frage beschäftigt Monique Reimer schon lange, bevor die Corona-Pandemie nach neuen Lösungen verlangt. Als Projektkoordinatorin bei der Freiwilligen-Agentur Altmark stößt sie in Arbeitskreisen und diversen Gesprächsrunden immer wieder darauf. Mit Michael Klante, IT-Spezialist und sozial ebenso engagiert wie sie, spricht sie oft darüber, wie sich mit digitalen Möglichkeiten analoge Kontakte schaffen lassen. Die Projektkoordinatorin bringt die Idee eines Internetportals mit zur Arbeit, das in herausfordernden Zeiten und darüber hinaus hilfsbereite Menschen mit denen verbinden soll, die Unterstützung brauchen. „Engagierte Menschen“ soll die Plattform heißen.

"Hilfsangebote sind wie Pilze aus dem Boden geschossen. Wir haben uns gefragt: Wie kann man schnell ein passendes Angebot finden, das sowohl für die freiwilligen Helfer:innen als auch für die Nutzer:innen sicher ist?"

Monique Reimer, Projektkoordinatorin – Freiwilligen-Agentur Altmark

In Kooperation mit Netzwerkpartnern wird aus ersten Überlegungen ein greifbares Konzept. Der Verein KinderStärken steigt mit in das Projekt ein, die Stendaler Engel und die Bürgerinitiative Stendal (BIS e. V.). Die Studentin Kristina Oelze, inzwischen Praktikantin bei der Freiwilligen-Agentur Altmark, bietet ihre Unterstützung an. Wie viele Details für eine gesicherte Nachbarschaftshilfe zu bedenken sind, unter anderem die Haftpflicht- und Unfallversicherung für die Engagierten, wird erst im Verlauf der Arbeit klar. Es entstehen Handlungshilfen, Dokumente und Formulare für alle möglichen Eventualitäten. Zum Beispiel, dass es nach einem Einkauf Streit ums Wechselgeld geben könnte. Ein entsprechendes Formular, indem der Geldbetrag vor und nach dem Einkauf verzeichnet wird, sichert beide Seiten ab.

Der Handlungsleitfaden enthält wichtige Hinweise und Regeln, die Das Engagement während der Corona-Pandemie sicher machen. Unter anderem:

  • Handlungshilfen für Einkäufe, Botengänge und Gassigehen
  • Beschreibung des Verifizierungsverfahrens für Ehrenamtliche
  • Hinweise zur Handhabung von Alltagsmasken und Einmalhandschuhen
  • Verschwiegenheitserklärung
  • Beschreibungen zur Registrierung auf der Plattform
  • Hinweise auf mögliche Gefährdungen und entsprechende Schutzmaßnahmen

Die Freiwilligen müssen sich einmal persönlich vorstellen und ihren Ausweis vorlegen, werden zu Schutzmaßnahmen vor möglichen Gefährdungen unterwiesen, bekommen Arbeitsmaterial (Maske, Handschuhe, Desinfektionsmittel) und einen Helfer:innenpass mit Stempel und Unterschrift.

Unterstützung kommt auch aus der lokalen Wirtschaft: Die Stendaler Anwaltskanzlei Sandro Wulf hilft bei den Datenschutzbestimmungen, das Steuerbüro Neumeier und Mertens steht beratend zur Seite, die Stadtwerke spenden 500 Euro, der Friseursalon "Harmonie" kümmert sich um Handschuhe. Für Masken-Nachschub sorgt die Initiative Altmark-Masken. Und zu Edeka Apel können die Helfenden per E-Mail einen Einkaufszettel senden und die zusammengepackten Waren später dort abholen.

Die ehrenamtlichen Stunden, die in die Erarbeitung von Richtlinien, den Aufbau der Struktur und letztlich in die Programmierung des Internetportals fließen, sind ungezählt. www.engagiertemenschen.de geht ans Netz und funktioniert. Hilfsbereite und Hilfesuchende können sich dort registrieren und finden eine zentrale Rufnummer, die abwechselnd von Unterstützer:innen des Projektes besetzt wird. Die Nummer läuft über eine App, in der sich über einen Zeitplan einstellen lässt, wann bei wem das Telefon klingelt. Der Aufwand hat sich gelohnt. Das Infektionsgeschehen ist nicht absehbar und für den Ernstfall gibt es nun eine funktionierende Vermittlungsplattform. "Die Kooperation mit den Behörden läuft nach wie vor. Das Ordnungsamt oder das Gesundheitsamt rufen uns an, sobald es einen Quarantänefall gibt", so Monique Reimer.

Doch das ist erst der Anfang, denn die ursprüngliche Idee ist viel größer: Eine digitale Struktur schaffen, an die sich Kommunen, gemeinnützige Organisationen und Engagierte mit bereits vorhandenen Plattformen und Apps anbinden können, regional und im nächsten Schritt auch bundesweit. Monique Reimer: "Unsere Motivation ist, bestehende Strukturen im gemeinnützigen Bereich zu stärken, zu fördern und sichtbar zu machen. Wir entwickeln keine Parallelstruktur, sondern ein unterstützendes Werkzeug. Und das möchten wir mit allen Akteuren, die Zeit und Lust darauf haben, gemeinsam tun."